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Donnerstag, 31. März 2011

Zur Bildung von Menschen

Die  Überschrift hätte genausogut lauten können: Was die Wirtschaft gerne hätte, wofür sie aber nicht bereit ist zu zahlen - Im Coaching ist Bildung als Thema sehr oft präsent, aber selten explizit. Bildung und Ausbildung werden eher mit Institutionen wie Schule, Universität, oder Bildungseinrichtungen verbunden - Bildung und Ausbildung werden dabei sehr eng an Begriffe wie Wissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kompetenzen geknüpft.

Viele Menschen nehmen Coaching als Unterstützung in Anspruch, viel mehr als es Anlässe dafür gibt: Krisen und Verbesserungen sind zwei der wichtigsten Anlässe, weshalb Menschen auf das Know-How eines Coaches zurück greifen. Diese Krisen gehen sehr oft mit beruflichen Fragen einher: der Arbeitsplatz ist gewechselt worden, oder droht verloren zu werden, im Job wird man mit neuen Aufgaben betreut, steigt vielleicht in ein neues Team ein, ist Konflikten, vielleicht sogar Mobbing ausgesetzt - kurz: Eingeübte und gewohnte individuelle Denk- und Handlungsmuster zeigen nicht mehr den Erfolg, den man erwartet, den man sich verspricht. Psychologische Faktoren wie Selbstsicherheit , Selbst-Effektivität, und Selbstachtung werden eher als Belastung denn als Stärkung empfunden. Auf der anderen Seite stehen Menschen, die nach einer beruflichen Weiterentwickeln suchen, und aus diesem Grund ihre individuellen Denk- und Handlungsmuster erweitern wollen. Das Coaching hilft ihnen dabei, Ziele und Methoden zu entwickeln, ihr gesetztes Ziel effektiv zu erreichen.
Aus welchem Anlass heraus man auch immer Coaching als Unterstützung für sich wählt, bleibt doch eines konstant - durch die Arbeit mit seinem Coach soll die individuelle Selbst-Reflexion erweitert und auf konkrete Veränderungs- bzw. Verbesserungssituationen fokussiert werden. Der Coach fungiert dabei als Methodengeber und Sparringspartner für eigene Ideen und Ansätze.

And now something completely different ...


Andreas Thewalt hat sich vor kurzem in einem Onlinemedium (www.bild.de) mit der Situation junger Menschen am Arbeitsmarkt auseinandergesetzt und hat mit dem Fazit geschlossen, dass die Wirtschaftsvertretungen  sich seit Jahren über die mangelnde Ausbildungsreife junger Berufsanfänger beschwerte. In einer Auflistung relevanter Kriterien findet sich dann das folgende Bild - die Wirtschaftsverbände setzen auf:

* Gutes Schulwissen - Deutsch, Mathematik, Naturwissenschaften
* Engagement und Einsatzbereitschaft - Teamfähigkeit, Pünktlichkeit, Höflichkeit
* Gutes Benehmen

Seit vielen Jahren ist Ludwig A. Pongratz ein kritischer Beobachter der Bildungs- und Ausbildungssituation in Deutschland -und bveschäftigt sich in seinen Vorträgen und Veröffentlichungen immer wieder mit der Frage, wie man die Bildungssituation in Deutschland verbessern könnte. Die Individualisierung von Bildung und Ausbildung, zum Teil unter dem Deckmantel des "Lebenslangen Lernens", hat zu einer Kommerzialisierung des Bildungswesens geführt - Schulen, Universitäten, Fachhochschulen, Bildungseinrichtungen stehen am Bildungssektor in wirtschaftlicher Konkurrenz - Zertifikate, Bildungsnachweise und Abschlüsse sind eine kostspielige Angelegenheit - nicht nur in der formalen Qualifikation dafür (Einschreibung), sondern manchmal auch in der inhaltlichen Erreichung (Stichwort: Ghostwriting).
Es taucht damit aber auch die Frage auf, ob diese Kommerzialisierung den Kern von "Bildung" eigentlich noch trifft - der individuelle finanzielle Aufwand soll sich ja auch in dementsprechender Bezahlung und Job-Qualifikation niederschlagen - Menschen richten sich daher bei ihrer Wahl des Bildungsinstituts immer stärker nach den Erwartungen der Wirtschaft - repräsentiert durch die Wirtschaftsverbände - und dementsprechend gestalten diese Bildungseinrichtungen ihren Lehrplan, ihr Lehrangebot. Das wirtschaftliche Wachstum wird von solchen Verbänden gerne an dem Glauben der funktionierenden Marktwirtschaft und der Forderung nach so wenig Bürokratie wie möglich, festgemacht. (vgl. dazu die Aussagen des Bundesverbands der Deutschen Industrie - www.bdi.eu/Rahmenbedingungen.htm. Dass Bürokratie eine Form der Qualitätssicherung und Marktwirtschaft nicht die ultima ratio der menschlichen Bemühungen und Bestrebungen sein kann, darauf wird gerne vergessen ...

Der Kreis schließt sich ... oder man kann es auch mit dem amerikanischen Dramatiker Edward Albee (für einen ersten Überblick -  www.curtainup.com/albee.html) formulieren, der in einem seiner ersten Stücke seinen Protagonisten sagen lässt: "It's one of those things a person has to do; somethimes a person has to go a very long distance out of his way to come back a short distance correctly."(Jerry, in The Zoo Story) Die oben genannte Auflistung relevanter Kriterien für Berufsanfänger und Schul- bzw. Universitätsabsolventen lässt eine sehr wesentliche Eigenschaft im Rahmen der Bildung von Menschen vermissen - eine Eigenschaft, die auch die freie Marktwirtschaft nicht zu produzieren imstande ist - Ludwig A. Pongratz hat darauf hingewiesen: „Denn der Markt kann nicht das ersetzen, was den Kern kritischer Erwachsenenbildung ausmacht: die Kraft zur Selbstreflexion.“ (Kritische Erwachsenenbildung, 108-109) Kritische Selbstreflexion hat sehr viel damit zu tun, welches Bild man von sich und anderen vor sich hat, wenn man sich Dingen und Aufgaben widmet - kritische Selbstreflexion muss dem Einzelnen als Begriff gar nicht zur Verfügung stehen, um Auswirkungen auf sein Leben und seine Lebensgestaltung zu haben - so sind fast alle Menschen im Berufsalltag mit Situationen konfrontiert, die sie besser oder schlechter lösen könnten - besser, wenn es ihnen gelänge, zu sich und zur Situation eine gewisse Distanz zu bringen, eine Distanz, aus der heraus es leichter fiele, seine Gedanken und Reaktionen zu ordnen.

Kritische Erwachsenenbildung kann als "subjektivitätsfördernde" Bildung beschrieben werden - „Subjektivitätsfördernde Erwachsenenbildung steht quer zu den marktgängigen  Instrumentalisierungs- und Vernutzungsstrategien. Ihr zentraler Terminus lautet nicht „Optimierung“ oder „Effizienz“, sondern „Bildung“. Mit ihm schließt sie an die Aufklärungstradition der Moderne an.“ (Kritische Erwachsenenbildung, 45) Für viele Autoren kristallisiert sich aus solchen Überlegungen zu den wesentlichen Grundbedingungen menschlichen Lebensvollzugs ein Begriff heraus, der zwar nicht sehr eng fassbar ist, der aber eine ungeheure Wirkung entfaltet – der Begriff der Individualität bzw. Subjektivität. In seinem populären Sammelband "Erziehung zur Mündigkeit" hat der Philosoph Theodor W. Adorno (einen ersten Überblick über sein Schaffen -
http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/adorno/02bio.htm) folgende Zusammenfassung dazu formuliert: „Die Situation ist paradox. Eine Erziehung ohne Individuum ist unterdrückend, repressiv. Wenn man aber versucht, Individuen so heranzuziehen, wie man Pflanzen züchtet, die man mit Wasser begießt, dann hat das etwas Schimärisches und Ideologisches. Die Möglichkeit ist allein, all das in der Erziehung bewußt zu machen, also etwa … anstelle der blinden Anpassung die durch sich selbst durchsichtige Konzession zu setzen dort, wo das unausweichlich ist, und auf jeden Fall anzugehen gegen das schlampige Bewußtsein. Das Individuum würde ich sagen, überlebt nur als Kraftzentrum des Widerstandes.“ (Adorno 1997, 118)
Subjektivität und Individualität als Kraftzentren des Widerstandes gegen Gleichmacherei, Konformismus und Einheitlichkeit - kein Wunder, dass diese beiden Eigenschaften von Menschen nicht in der Wunschliste der Wirtschaftsverbände Platz finden.

Eine ausführlichere Besprechung des Buches von Ludwig A. Pongratz findet sich hier (www.socialnet.de/rezensionen/10707.php). Das Buch erschien gegen Ende des Jahres 2010 bei VS-Verlag für Sozialwissenschaften (www.vs-verlag.de). Einen Überblick über die Arbeit und Publikationen von Ludwig A. Pongratz liefert seine homepage - www.ludwig-pongratz.de)



In diesem Sinne,

Harald G. Kratochvila
www.kompetenz-coaching.at

Montag, 28. März 2011

Wirtschaft und Ethik - TEPCO und die Grenzen wirtschaftlicher Verantwortung

Wirtschaft und Ethik - Verantwortung

Zum Begriff "Verantwortung" findet sich im Referenzbuch "The Oxford Companion to Philosophy", das Ted Honderich herausgegeben hat, folgende Passage - "Responsibility. A term which covers a number of distinct but related notions, among the most important of which are causal responsibility, legal responsibility and moral responsibility." (1995, S.771).

Verantwortung wird als Begriff zumeist eher unscharf verwendet - unscharf in dem Sinne, dass die verschiedenen Bedeutungen, die damit einher gehen, nicht sauber voneinander getrennt werden. Auch wenn Begriffe wie kausale, legale unde moralische Verantwortung eng miteinander zusammenhängen, so gibt es zwischen ihnen keine notwendigen Verbindungen (für den Philosophen bedeutet "notwenig" nichts anderes als "unter allen Umständen").

Ich bin für ein Ereignis genau dann kausal verantwortlich, wenn es einen direkten oder indirekten Zusammenhang zwischen mir und dem Ereignis gibt, das ich hervorgerufen habe. Rechtlich verantwortlich bin ich genau dann, wenn ich die Bedingungen dafür erfülle, die das jeweilige Rechtssystem dafür vorgesehen hat (durch die Verletzung rechtlicher Pflichten zum Beispiel). Moralisch verantwortlich für ein Ereignis bin ich genau dann, wenn damit eine moralische Verpflichtung einhergeht, oder wenn ich für meine Handlung Schuld oder Anerkennung verdiene.

Diese Differenzierungen sollen an dieser Stelle bloß aufzeigen, dass es gar nicht so einfach ist, sinnvoll von Verantwortung zu sprechen.

Ein aktuelles Beispiel: das japanische Energieunternehmen TEPCO

Unternehmen nutzen ihre Internetpräsenz zum Teil dafür, um detailliert auf ihre Wert- und
Zielvorstellungen eingehen zu können, die sie ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zu Grunde legen. Auf
der internationalen Internetseite eines Energieunternehmens findet sich zum Beispiel eine ausführliche Darstellung von Wertsteigerungsplänen. Die damit zu erreichenden Ziele lauten:
(1) die Einführung von emissionsfreien Energiequellen, (2) die fortführende Elektrifizierung aller Bereiche, (3) die Entwicklung „intelligenter“ Energiesysteme, (4) die Expansion des Geschäftsfeldes, (5) die Steigerung der Effektivität, (6) die Schaffung unternehmerischer Höchstleistung, getragen durch Mitarbeiterleistung und Kooperation und (7) die Häufung von neuester Technologie. Das Energieunternehmen hat diese Punkte in den Zusammenhang mit seiner Vision für die Zukunft
gestellt (www.tepco.co.jp/en/corpinfo/overview/vision-e.html) – der Namen des Unternehmens: TEPCO (Tokyo Electric Power Company www.tepco.co.jp/en). Für die meisten Menschen außerhalb Tokyos und Japans war dieses Unternehmen bis vor wenigen Tagen kein Begriff. Mit den Ereignissen im März 2011 steht das Unternehmen im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit - Fukushima Eins, die Atomanlage im Norden Japans wirft einige Fragen auf, die sehr viel mit ethischen Aspekten in der Wirtschaft zu tun haben.

Frage Eins:
Welche Formen der Verantwortung werden durch die Ereignisse im Reaktor Fukushima Eins tatsächlich berührt? Das Unternehmen TEPCO ist zwar eine eigenständige juristische Person, aber Fragen der kausalen oder moralischen Verantwortung sind damit noch lange nicht geklärt.

Frage Zwei:
Das erstrebenswerte Ziel "emissionsfreie Energiequellen" wurde durch das Mittel "Atomreaktoren" realisiert - die wiedererstarkte Anti-Atom-Bewegung tritt zwar ebenfalls für emissionsfreie Stromerzeugung ein, doch wird die Wahl des Mittels kritisch hinterfragt.

Frage Drei:
Welchen Stellenwert haben "Ethische Richtlinien" oder "Unternehmensvisionen", wenn es darum geht, wie sich das Unternehmen nach außen hin präsentiert? Gibt es vernünftige Grenzen des Selbstmarketings?

TEPCO ist im Grunde ein ganz gewöhnliches Unternehmen - es produziert Güter, die es am Wirtschaftsmarkt verkaufen möchte und nutzt dafür die Möglichkeit, sich durch "Visionen" und "Unternehmensrichtlinien" für Konsumenten attarktiv zu präsentieren.

Wirtschaft und Ethik haben sehr viel damit zu tun, welches Bild sich Menschen, oder Gruppen von Menschen geben, die im Wirtschaftsprozess stehen - wen dieses Bild von Außenstehenden hinterfragt wird, dann kann sich kritische Distanz entfalten: der Simpsons Vorspann des britischen Künstlers Banksy zeigt das sehr deutlich ( zum Beispiel hier: www.viddler.com/explore/theflickcast/videos/699).

Coaching und Verantwortung

Im Coaching-Prozess wird diese kritische Distanz (bzw. Instanz) vom Coach übernommen und der Klient darin angeleitet, sich diese kritische Distanz als Haltung anzueignen. Die Klärung von wichtigen Begriffen (wichtig im Sinne von: Maßgeblich für das Selbstbild und der Sicht der anderen auf mein Tun), Verhältnissen zwischen diesen Begriffen, und das "Leben" dieser Begriffe nehmen einen wesentlichen Teil des Coaching-Prozesses ein - der Grund liegt darin, dass die personale Identität, damit auch die eigene Authetizität sehr eng mit den Wahrnehmungen und Erlebnissen verbunden ist, die man macht und für diese gelten - was der österreichische Philosoph Peter Strasser (in Anlehnung an die Position des Konstruktivismus) geschrieben hat: „Denn egal, ob es sich um Wahrnehmungen oder Erlebnisse handelt, sie alle müssen zwei Bedingungen erfüllen, die man als Nichteinfachheitsbedingungen charakterisieren könnte: Sie müssen begrifflich imprägniert und ichhaft sein.“ (Die einfachen Dinge des Lebens, 26).

Diese begriffliche Durchzogenheit unserer Wahrnehmungen und Erlebnisse und deren Bezug auf uns selbst, machen es so wichtig, dass wir ein adäquates Verständnis der Begriffe und Ideen entwickeln, an die wir uns gebunden fühlen.

Diese Klärungsarbeit läuft im Coaching über Selbstreflexion bzw. angeleitete Selbstreflexion von Denk- und Verhaltensmustern - dazu kann die Kommunikation gehören, aber auch die Urteilsfähigkeit und die analytische Kompetenz.

Wirtschaft und Ethik

Der schweizer Philosoph Klaus Peter Rippe hat beim mentis Verlag (www.mentis.de) ein Buch zu diesem Thema veröffentlicht, das einige der hier angedeuteten Themen ausführlich aufgreift und diskutiert - Verantwortung, ethisches Urteil, individuelle Haltung, Risikoanalyse udglm. Gerade in einer Zeit, wo das Thema Wirtschaft und Ethik
popularisiert wird und populistisch diskutiert wird (vgl. dazu: www.socialnet.de/rezensionen/9711.php), ist es erfreulich eine umfassende Arbeit lesen zu können, die sich sachlich mit dem Thema auseinandersetzt. Man mag Klaus Peter Rippe nicht in seiner Begründung einer Interessensbasierten Ethik zustimmen (mich konnte er damit nicht überzeugen), aber sein Zugang zum Thema Wirtschaft und Ethik ist überzeugend und sehr gelungen.(eine Rezension seines Buches befindet sich hier: www.socialnet.de/rezensionen/11218.php)

Klaus Peter Rippe (2010) Ethik in der Wirtschaft; mentis Verlag





Und in diesem Sinne,

Harald G. Kratochvila
www.kompetenz-coaching.at

Freitag, 25. März 2011

Achtsamkeit im Coaching und Kommunikationstraining

Coaching hat sehr viel mit der Frage zu tun, wie es einem besser gelingen kann, sein Bestes zu geben - das kann sich auf die Funktionen und Verantwortungen beziehen, die man übernommen und übertragen bekommen hat, das kann sich darauf beziehen, wie gut es einem gelingt, aus einer gegebenen Situation erfolgreich hervorgehen kann. Im Coachingprozess, der dem Klienten dabei helfen soll, Klarheit und Strukturiertheit zu finden, kommen viele Methoden und Techniken zur Anwendung.

Nur als Beispiel:
In einem kürzlich erschienenen Interview mit dem künftigen Sportchef des bekannten Fussballverseins HSV (Hamburger Sportverein, www.hsv.de) , das der Däne Frank Arnesen der Bild-Zeitung gegeben hat (www.bild.de), kommt die Sprache auch auf die maßgeblichen Kriterien für Talente im Fussballgeschäft - und Frank Arnesen sagt: „Es gibt fünf Ringe. Technik/Taktik, das Physische, das Gesundheitliche, die Mentalität und die Lebensweise.“ 
Das was hier beschrieben wird, gilt für jeden von uns - unsere Verantwortung, unseren Aufgaben können wir uns dann am besten stellen, wenn wir über die fachliche Kompetenz, für unsere Tätigkeit verfügen, wenn wir die körperlichen Voraussetzungen in unseren Beruf mitbringen, wenn wir gesund sind, wenn wir eine Mentalität ausgeprägt haben, die uns dabei hilft, "hart in der Sache und weich zum Menschen" zu sein, und schließlich wenn wir unser Leben auf eine genaz bestimmte Art und Weise eingerichtet haben (Lebenskunst). Achtsamkeit wird hier nicht explizit genannt, und doch spielt sie bei all diesen Kriterien eine wichtige Rolle.


Achtsamkeit ist nichts Einfaches, nichts, was sich einfach einstellt und worauf man bloß zu warten braucht, dass es eintritt – für Achtsamkeit gilt vielmehr das, was der Philosoph Peter Strasser über Wahrnehmungen und Erlebnisse (in Anlehnung an die Position des Konstruktivismus) geschrieben hat: „Denn egal, ob es sich um Wahrnehmungen oder Erlebnisse handelt, sie alle müssen zwei Bedingungen erfüllen, die man als Nichteinfachheitsbedingungen charakterisieren könnte: Sie müssen begrifflich imprägniert und ichhaft sein.“ (Die einfachen Dinge des Lebens 2009, 26).

Begriffliche Durchdringung und Ichhaftigkeit - wie lässt sich das mit der Achtsamkeit, die als besondere Form der Bewusstheit verstanden wird, in Zusammenhang bringen. Nun, Achtsamkeit darf nicht mit Begriffen wie Aufmerksamkeit, Konzentration, Fokussiertheit, Selbstreflexion, Selbstbeobachtung  als synonym verstanden werden - Michael Huppertz, der vor kurzem ein Buch zu Achtsamkeitsübungen veröffentlicht hat, definiert Achtsamkeit als Haltung, die Menschen Dingen, Ereignissen und Empfindungen gegenüber einnehmen können. Achtsamkeit hat demnach viel mit Präsenz zu tun – Präsenz der wir uns umso bewusster werden, je achtsamer wir sind. „Achtsamkeit ist eine bewusste, absichtslose, nichtbewertende Haltung zum gegenwärtigen Geschehen.“ (Achtsamkeitsübungen 2011, 20) Achtsamkeit wird vom Autor aber auch als Bewusstseinsform verstanden – nicht als reine Bewusstseinsform, aber als gerichtetes, intentionales Bewusstsein: „[d]as achtsame Bewusstsein ist nicht rein, sondern immer Bewusstsein eines bestimmten Menschen zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort von etwas.“ (Achtsamkeitsübungen 2011, 113) Michael Huppertz spricht in diesem Zusammenhang auch von „Verbundenheit“ (ibid.), und meint damit „ein Gefühl des Aufgehobenseins, der Einbettung, des Seins-in-der-Welt“. (ibid.).

Jetzt sind wird dem Phänomen Auchtsamkeit schon näher gekommen.
Achtsamkeit als Haltung - das ist etwas, das wie eine Körperhaltung eingeübt und erlernt werden muss - und je weiter man in der Übung voran kommt, desto weniger Aufmerksamkeit muss man darauf verwenden.

Das ist wie mit der Kommunikation - erfolgreiche Kommunikation lebt von der persönlichen Haltung, die man sich angeeignet und erübt hat - der Haltung sich und anderen gegenüber. Achtsamkeit kann dabei helfen, erflogreicher zu kommunizieren - sei es, weil man gelernt hat, sich selbst und andere besser und genauer zu beobachten, sei es weil man sich darin geübt hat, auf Präsenz zu achten - auf die vielen Eigenheiten und Besonderheiten, die Menschen und all das, was uns umgibt ausmachen.

Achtsamkeit ist aber kein geeignetes Mittel für einen Zweck außerhalb seiner selbst - Achtsamkeit ist eine Form der Kontemplation, die sich selbst genügt, und gerade in dieser Selbstgenügsamkeit erreicht werden kann.

Das Buch von Michael Huppertz ist im Junfermann Verlag erschienen (www.junfermann.de) und findet sich an dieser Stelle ausführlich besprochen:
(www.socialnet.de/rezensionen/11260.php)

Michael Huppertz (2011) Achtsamkeitsübungen; Junfermann Verlag


Bis bald,

Harald G. Kratochvila
www.kompetenz-coaching.at